Rezension zu „Der Cellist“

Kultur Der Cellist … und andere Erzählungen

MIKS liest:

Der Cellist … und andere Erzählungen

von Hartmut Krüpe-Silbersiepe

Abwechslungsreich, tiefgründig, überraschend; so erlebt der Leser die zehn Erzählungen des Autors Hartmut Krüpe-Silbersiepe. „Der Cellist und andere Erzählungen“ ist das dritte Buch des Autors und erlaubt dem Leser teils private, teils fiktive Einblicke in das Seelenleben des fantasievollen Erzählers.

Wer Perspektivwechsel, Charakterköpfe und Underdogs mag, wird von vielen Geschichten begeistert sein, von einigen verwirrt und fast nie enttäuscht. HKS erzählt mit Leidenschaft, auch wenn das Thema nicht 100%ig seins ist, versteht er es, den Leser behutsam mit voller Wucht in die Abgründe

und Euphorien des Andersseins zu entführen. Überraschte Leser sind gewollt, verstörte werden in Kauf genommen, denn so nachvollziehbar und schlüssig ein Erzählstrang auch scheint, so wird er zuweilen durch einen unerwarteten Schluss „zerstört“ (oft das Salz in der Suppe). Verblüffte oder gar beleidigte

Leser werden aber belohnt, HKS bereitet bestens auf die Realitäten des Alltags vor.

Ein „Everbody´s Darling“ fehlt allerdings nicht. Die Titelgeschichte ist der heißeste Anwärter und dass MIKS mit dieser Meinung nicht alleine steht,

beweisen die aktuellen Verhandlungen über die Filmrechte. „Der Cellist“ hat alles, was ein erfolgreicher Plot braucht: einen Helden, der sich nach

einem Schicksalsschlag fürs Anderssein entscheiden muss. Ob er etliche Hürden nimmt und wie gefühlvoll HKS den Protagonisten zeichnet, erfährt

der Leser gleich in der ersten Geschichte.

So verständlich und nachvollziehbar die eine Geschichte, so herausfordernd die andere. In „Blow out“ verlangt der Autor seinem Leser einiges ab.

Hier vermischt sich die Grenze von Realität und Fiktion in eine Abstraktion, die verwirrt, ja vieleicht zornig macht. Doch wer sich einlässt auf die

Magie des Unsichtbaren könnte belohnt werden.

Nicht personifiziert und doch Unzählige ansprechend – dieses Phänomen gelingt HKS auf gerade einmal zwei Seiten nahezu perfekt. In „Fallwind“

erfährt der Leser tiefgründiges über eine erstaunliche Beziehung in der nichts passt – so laut ist Tonlosigkeit selten.

„Der Cellist und andere Erzählungen“ ist für aufgeschlossene Leser, die sich überraschen lassen wollen und einlassen können. Wer bereit ist, HKS

auf seinen Wegen zu folgen und nicht ständig alles mit klarem Verstand hinterfragen muss, macht sich mit dem Buch auf in eine Welt aus schönen

Formulierungen und fantastischen Geschichten.

MIKS traf den weltoffenen Tausendsassa in seiner Wahlheimat Schwelm und erfuhr Spannendes und Intimes aus einem bewegten Leben, welches

Anlass zu vielen weiteren Veröffentlichungen gibt.

Gedichte schreibt er im Zustand emotionaler Empörung, die besten Ideen hat er beim Autofahren und auch persönlich ist Hartmut Krüpe-Silbersiepe alles andere als einsilbig.

Als Kind eines renommierten Professors hatte es der junge HKS nicht leicht und der Weg aus dem väterlichen Schatten war kurvig. Dennoch

gelang Dipl.-Biologe Dr. rer. nat. Hartmut Krüpe-Silbersiepe eine erfolgreiche Karriere wie einst dem Vater, die sich nicht zuletzt als Nährboden

für seine zweite Karriere als Schriftsteller erwies.

Ob seine Sympathie für Underdogs autobiografische Ursprünge hat, kann er nicht sagen.

Möglich ist es. „Ich war immer auf der Seite der Schwächeren, die Starken habe ich vielleicht insgeheim bewundert, meine Unterstützung hatten sie

aber nie. Darum handeln meine Geschichten oft von Außenseitern, vermeintlich Schwachen oder Verkannten.“

Ein Geschichten erzählender Wissenschaftler?

Wie passt das zusammen? Absolute Realität versus grenzenlose Freiheit. „Das ist genau der Reiz. Ich genieße die künstlerische Freiheit und weiß sie zu

schätzen. Sie ist der Ausgleich zur Stringenz der Wissenschaft. Das soll nicht heißen, dass meine Geschichten nicht schlüssig sind, im Gegenteil,

für mich sind sie das manchmal mehr als die Wissenschaft.“

Schwere Kost für Leser? „Ich hoffe nicht. Zwar stehen Kunst, Musik und Reisen oft im Fokus meiner Erzählungen, aber damit möchte ich keinen Leser ausschließen. Im Gegenteil, meine Bücher sind eine Einladung zur Entdeckung neuer Welten; musikalische, lyrische und geschichtliche.

Ein elitärer Leserkreis war nie mein Ziel.“

Und was kommt jetzt? „Wie wäre es mal mit einem Gedichtband? Über 600 habe ich verfasst, ein Zehntel davon sollte es wert sein, veröffentlicht zu werden.

Wenn die Frage an uns geht, ist die Antwort

eindeutig:

„Wir wollen mehr von emotionaler Empörung.“